FILMFEST MÜNCHEN 2023

GROSSES PROGRAMM!


Großer Empfang am 27. Juni 2023 im Rahmen des Filmfests München: Die Drehbuchwerkstatt stellt die Stoffe aus dem 34. Jahrgang vor und verleiht den Tankred Dorst Preis 2023. Dieses Mal ebenfalls mit auf Bühne und Leinwand: Audience:First, 1st Movie und dok.art!

Am 27. Juni 2023 bei der diesjährigen Präsentation der Drehbuchwerkstatt München beim Filmfest München im Audimax der HFF München hörten über 300 Gäste aus der Medienbranche gespannt den Drehbuchpräsentationen der Autor*innen der 34. Drehbuchwerkstatt zu. Acht Autor*innen aus München und drei Autor*innen aus der Steiermark stellten ihre spannenden und aufwühlenden Geschichten live vor. Der Writers Room mit Barbara te Kock als Headautorin präsentierten ihre politisch aktuelle Serienidee mit einem Trailer.

TANKRED DORST PREIS 2023

Höhepunkt der Vorstellung war die Verleihung des Tankred Dorst Preises 2023. Nominiert waren vier Projekte:

  • Brudervölker von Svetlana Belesova
  • Dieses ohrenbetäubende Schweigen von Mirjam Pleines
  • Gottlos von Lara Sperber
  • Serie Die Eisenbergs (Folge 1 und 2) Writers’ Room: Peter Gölthenboth, Max Osswald, Victoria Schmidt, Anna Werner, Headautorin: Barbara te Kock

Die Jurymitglieder Astride Bergauer, Mirjam Orthen und Johannes Betz zeigten sich beeindruckt von der hohen Qualiltät der Drehbücher und insbesondere auch von der Aktualität der Themen, die in den Büchern verhandelt wird.

Ausgezeichnet wurde das Drehbuch Brudervölker von Sventlana Belesova!


Hier geht es zur Website mit der Übersicht der Tankred Dorst Gewinner*innen der vergangenen Jahre!

FILMFEST MÜNCHEN 2023

NOMINIERT FÜR DEN TANKRED-DORST-PREIS!


TANKRED DORST PREIS 2023: DAS SAGT DIE JURY ZU “BRUDERVÖLKER”

• Ein Drehbuch, das in drei Farben geschrieben ist, ernsthaft?
• Ein Drehbuch, das mit einer Anweisung beginnt, wie man es gefälligst zu lesen hat?
• Ja gut, okeh. Man fängt an, kapiert es. Blau spielt auf der Krim, keine Jahresangabe, Spätwinter. Schwarz: irgendwo in der Ukraine, keine Jahresangabe, Hochsommer. Grün: irgendwo in Deutschland, Adventszeit, keine Jahresangabe.
• Drei Zeitebenen, drei Stories, irgendwie miteinander verwoben, zu drei verschiedenen Zeiten. Dialoge auf Deutsch, Russisch, Ukrainisch, eine Menge Double Dialogue.
• Ich sag es gleich: es ist ein echter Pageturner.
• Es handelt vom Aufeinanderprallen russischer Menschen und ukrainischer Menschen im Krieg miteinander. BRUDERVÖLKER heißt es. Die Autorin ist SVETLANA BELESOVA.
• Es zeigt glaubwürdige Charaktere in existenziellen, ja lebensbedrohlichen Situationen, im erzwungenen Konflikt miteinander.
• Es wertet nicht. Jeder dieser Menschen ist in seinem Tun und Handeln immer nachvollziehbar, auch in den unüberlegten, erratischen, panischen, GEWALTTÄTIGEN Momenten, als Mensch verständlich.
• All diese Menschen sind in ihrer eigenen Krise, die sich im Laufe der Handlung immer auswegloser zuspitzt. Es ist ein atemloser, meisterhaft komponierter Thriller, ein Drama, ein Kriegsfilm, ein Antikriegsfilm.
• Die Autorin hat diese Genres offenbar verinnerlicht. Sie benutzt sie nicht, sie beherrscht sie. Die Dinge behindern sich nicht, sie bedingen sich in einer Abfolge kaum zu ertragender Cliffhanger auf dem Grat zwischen Menschlichkeit und Unmenschlichkeit.
• Dazu kommt in besonderem Maße, dass dieses Buch in besonderem Maße triftig ist. Relevant. Es zeigt den Ukraine-Konflikt auf eine wahrhaftige Art, erinnert schmerzhaft daran, dass dieser Krieg nicht erst anderthalb, sondern schon fast zehn Jahre andauert. Eine scharfe Analyse menschlicher Beweggründe, und in diesem Sinne vielleicht: ein Hoffnungsschimmer.
• Das ist preiswürdig.
• Der diesjährige Tankred-Dorst-Preis der 34. Drehbuchwerkstatt München geht an SVETLANA BELESOWA für ihr Drehbuch BRUDERVÖLKER!

(Johannes Betz)

DAS SAGT DIE JURY ZU “EISENBERGS”

Als Jury durften wir dieses Jahr drei Spielfilmdrehbücher und den Staffelbogen sowie zwei Bücher einer Serie mit großem Vergnügen lesen. Alle Drehbücher befassen sich mit aktuellen Themen, die in unserer Gesellschaft brennen. Diese Drehbücher legen den Finger in die Wunden unserer Zeit und fordern uns als Individuen und als Gesellschaft auf, nicht wegzusehen, sondern uns damit zu befassen und Teil der Problemlösungen zu werden. Wir gratulieren allen Nominierten für ihre hervorragende Arbeit!

Zur Serie: Die Eisenbergs 6 x 60 min Dramaserie.
Headautorin Barbara te Kock
Folge 1 geschrieben von Anna Werner und Peter Goeltenboth „Low Cost to kill“
Folge 2 von Max Osswald und Vitoria Schmidt „Stellung beziehen“

Familienunternehmen sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Wie das Schicksal eines solchen Unternehmens mit der Inhaberfamilie verwoben ist , zeigt die Serie „Die Eisenbergs“ auf eindrucksvolle Weise. Der Patriarch Johann Eisenberg des Mischkonzerns für Haushaltswaren und Rüstungsgüter ist verschwunden. Ein Großauftrag von der Bundeswehr soll dem Konzern die Rettung vor der Insolvenz bringen. Ehefrau Angelika und der designierte Nachfolgerin, der ältesten Tochter Helena, wird allenfalls die Leitung der Haushaltsgerätesparte zugetraut. Angelika aber will die Führungsmacht im Konzern für sich und die Familie. Der Ehemann wird für tot erklärt. Und als die abtrünnige Tochter Finna und Sohn Karl nicht auf ihr Erbe verzichten, sind auch sie jetzt gleichberechtigt und privat haftende Teilhaber der Familienholding.

Damit haben die Autor:innen den Boden bereitet, auf dem jedes Familienmitglied seine eigene Agenda verfolgen kann, und diese ist nicht immer Family First. Wenn überhaupt, welche Family? Tochter Helena hatte ihrer Partnerin Ayla versprochen kürzer zu treten und sich mehr um die gemeinsamen Kinder zu kümmern. Aber das Unternehmen erfordert ihren ganzen Einsatz. Sohn Karl setzt alles daran, seinen Vater, an dessen Tod er nicht glaubt, zu finden. Und die pazifistische Tochter Finna, die sich von der Familie abgewendet hatte entwickelt sich zur geschickten Kämpferin und Strategin zur Rettung des Familienunternehmens.

Die Autor:innen haben gut recherchiert, der Leser und hoffentlich auch bald der Zuschauer erfährt bspw. , was Waschmaschinen mit Rüstungsgütern gemein haben und dass Low Cost to Kill ein Verkaufsargument sein kann. Sie treiben die Figuren aus ihrem vermeintlich gesicherten moralischen Umfeld und zwingen sie, die Frage ob sie es gegeneinander oder miteinander schaffen werden, das Unternehmen und sich selbst zu retten, in jeder Folge neu zu verhandeln.

Writers Room und Headautorin haben vielschichtige Figuren erschaffen und sie in eine komplexe Erzählstruktur verwoben. Mit den ersten beiden Folgen katapultieren sie die klassische deutsche Familienserie in die Moderne des seriellen Erzählens. Wir sind gespannt, wie es weitergeht.

DAS SAGT DIE JURY ZU “DIESES OHRENBETÄUBENDE SCHWEIGEN”

Eine junge Frau Ende zwanzig.
Sie ist Schwarze. Ihre Freundin ebenfalls.
Sie fahren mit dem Zug in die Eifel.
In die Provinz.
In die Heimat von Adut.

Eine Trauerfeier anlässlich der Beerdigung ihrer Großmutter.
Wo alle weiß sind, wo alle Dialekt sprechen,
wo alle laut und viel sprechen
und keiner – etwas sagt.

Adut hat viele körperliche Beschwerden:
ADHS, Bulimie, Tinnitus. Sie ist nervös, sie hat Stress.
Wenn ich mit ihr diese 86 Minuten intensiven Kammerspiels verbringe, verstehe ich, warum. Ich möchte platzen, ich möchte schreien.

Alle machen Bemerkungen, urteilen (ganz beiläufig), fassen ihr in die Haare…
Sie meinen es doch nur gut.
Sie gehen über ihre Grenzen.

Auch der Ergotheraupeut, zu dem Adut als 6-jähriges Mädchen geschickt wurde, wegen einer angeblichen sensomotorischen Störung.

Auch er hat geglaubt, dass er sich nehmen kann, was er möchte.

Die Enthüllung eines verdrängten Traumas ist der Motor der Geschichte. Jedoch würde man diesem Drehbuch Unrecht tun, es darauf zu reduzieren.

Es ist dieser tägliche, kleine Missbrauch, den keiner als solches benennen würde,
Der Alltagsrassismus, den Adut auch jetzt als Erwachsene noch aushalten muss,
den die Autorin so schockierend mit Leichtigkeit und Komik erzählt.

Mirjam Pleines erschafft mit DIESES OHRENBETÄUBENDE SCHWEIGEN ein eindringliches Familiendrama, das sich nach und nach entblättert.
Mit einer unglaublich detaillierten Beobachtungsgabe beschreibt sie, wie die Menschen aussehen, wie sie sprechen, wie sie leben, womit sie sich umgeben und kreiert damit beim Leser ein physisches Erlebnis. Es ist eine spannende Geschichte einer Emanzipation und von Empowerment einer jungen Frau, die nicht länger schweigen möchte.

Wir gratulieren zur Nominierung!

(Mirjam Orthen)

DAS SAGT DIE JURY ZU “GOTTLOS”

Lara Sperber hat mit „Gottlos“ einen ungemein dichten und atmosphärischen Thriller geschrieben und zeigt uns darin schonungslos, wie der ganz aktuelle Bericht des Verfassungsschutzes es gerade wieder bestätigt hat , das zunehmend gewalttätige Wirken rechter Netzwerke.

Gleich zu Beginn brennt das Haus der jungen alleinerziehenden Mutter Sarah und ihrer fünfjährigen Tochter Selma in einem stillen Dorf im hessischen Vogelbergkreis. Sie sind Jüdinnen. Vorhänge werden zugezogen, niemand kommt, um den Brand zu löschen. Nur Selma überlebt schwer verletzt , kann sich aber an nichts mehr erinnern. Und es wird so aussehen, als ob sie selbst den Brand verursacht hätte.
15 Jahre später finden wir Selma Avramoff wieder in Frankfurt. Mit Drogen bekämpft sie ihre inneren Gespenster, mit Medikamenten ihre Migräne. Sie trifft wieder auf Polizistin Anya Obado, die damals in Grebenhain und jetzt gegen das rechtsextremistische Netzwerk Attila aus Hessen und Thüringen ermittelt.
Selmas Erinnerungen an die Nacht in Grebenhain könnten der Schlüssel sein, den sie braucht um dem rechten Netzwerk das Handwerk zu legen.

Zärtlich zeichnet die Autorin ihre beiden sperrigen Hauptfiguren, Kämpferinnen, jede auf ihre Weise, gegen die eigene Institution, gegen die inneren Gespenster, gegen rassistische und religiöse Vorurteile. Sie kettet Selma und Anya in packenden Szenen aneinander, jede auf ihre Weise versehrt benützen sie sich gegenseitig, Vertrauen stellt sich erst zum Schluss ein. Atemlos begleiten wir Anyas Kampf gegen das rechte Netzwerk und deren perfide Saat, die sie in den Dörfern, in den Vereinen und Familien verbreitet haben, wo die Täter wirken können weil viele wegschauen.
Die Haupt- und Nebenfiguren überzeugen in ihrem Handeln und Sprechen, und so wirkt dieses beeindruckt visuell geschriebene Drehbuch nach dem Lesen lange nach!

ALLE PROGRAMME AUF DER BÜHNE!

Die Drehbuchwerkstatt gab in diesem Jahr einen Gesamtüberblick über ihre insgesamt inzwischen fünf Programme.

Dok.art

Thomas Riedelsheimer stellte das Programm vor und zeigte Clips aus den Dokumentarfilmen, die aktuell bei dok.art betreut werden.

1st Movie

Professor Andreas Gruber stellte das im letzten Jahr begonnene 1st Movie Programm vor und die Teilnehmer*innen des ersten Jahrgangs hatten ebenfalls Clips ihrer Ideen für ihre Debütfilme dabei.

Audience:First

Zum Abschluss erfuhren die Zuschauer*innen dann noch näheres zum Programm Audience First, das ebenfalls seit vergangenem Jahr bei der Drehbuchwerkstatt angegliedert ist. Audience First richtet seinen Fokus auf die zielgruppenorientierte Formatentwicklung von Serien und AudioFiction.

34. DREHBUCHWERKSTATT MÜNCHEN – DIE BROSCHÜRE!

Blättern Sie nach Herzenslust in unserer interaktiven Broschüre: Telefonnummern und Mailadressen sind scharf geschaltet!

Sie können die PDF-Datei auch herunterladen (PDF, ca. 8 MByte) und offline lesen!

 

DER FILM ZUM EMPFANG!

Neue Stoffe, herzliche Begegnungen, leidenschaftliche Statements: Unser Film zum Empfang in Kinolänge (1:40h)!